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Gewerbeimmobilien in den USA und Europa – Ein Markt der sich stabilisiert

Gewerbeimmobilien in den USA und Europa – Ein Markt der sich stabilisiert

 

Das Jahr 2023 war für die globalen und im speziellen für die US-Immobilienmärkte eines der herausforderndsten. Das beispiellos schnelle Tempo und die Aggressivität der geldpolitischen Straffung hat in allen Immobiliensektoren eine drastische Marktkorrektur verursacht. Der Green Street Commercial Property Price Index ist seit seinem Höchststand im März 2022 bis Ende März 2024 um 21% gesunken, wobei der Bürosektor und Wohnungen die stärksten Rückgänge von jeweils 37% bzw. 28% verzeichnen mussten. Auch die Investitionsvolumina sind signifikant zurückgegangen. Laut Daten von MSCI Real Assets sind die Transaktionen im gewerblichen Immobilienbereich (CRE) in den USA im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr um 51% gesunken.

Besonders der Bürosektor ist negativ aufgefallen. Der Bewertungsrückgang in diesem Sektor wurde durch strukturelle Veränderungen im Anschluss an die Covid-19-Pandemie noch zusätzlich verstärkt, zum Beispiel durch einen scheinbar unumkehrbaren Trend zur Heimarbeit. Im Allgemeinen zeigen Büroimmobilien weiterhin hohe Leerstands- und Ausfallsraten. Doch anders als es uns die Schlagzeilen weis machen wollen, sind neue, hochwertige Gebäude in strategischer Lage mit zahlreichen Annehmlichkeiten auch in der postpandemischen Welt sehr gefragt. Im unteren Qualitätsbereich jedoch werden wir wahrscheinlich einen hohen Anteil sehen, welcher ungenutzt bleibt und einem neuen Zweck zugeführt wird.

Ein weiterer Trend, der seit einigen Jahren besteht und voraussichtlich anhalten wird, ist die deutliche Verschärfung der Kreditstandards von Banken, die bisher die Hauptanbieter von Kapital für den Gewerbeimmobilienmarkt waren. Gleichzeitig erwartet man in absehbarer Zukunft eine erhebliche Anzahl Hypotheken, welche fällig werden und refinanziert werden müssen. In den USA sollen laut Daten der Mortgage Bankers Association bis 2025 geschätzte 1,2 Billionen US-Dollar an gewerblichen Hypothekarkrediten fällig werden. Mit dem Rückzug der traditionellen Kreditgeber wird auf dem US-Immobilienmarkt eine beträchtliche Finanzierungslücke erwartet. Diese bietet jedoch alternativen Kreditgebern die Möglichkeit, einzuspringen und die vorhandene Liquidität zu herausragenden Konditionen zu investieren.

USA vs. Europa

In Europa ist die Situation ähnlich, da der signifikante Zinsanstieg die Bewertungen unter Druck gesetzt hat, während die Verschärfung der Kreditstandards der Banken zu einer Finanzierungslücke geführt hat. Der Green Street European Property Index verzeichnete seit seinem Höchststand im Jahr 2022 einen Rückgang von 24%. Zum Vergleich betrug der Rückgang während der grossen Finanzkrise 18%. Bis ins Jahr 2025 werden nach Daten von MSCI Real Capital Analytica nun auch in Europa (inklusive Vereinigtes Königreich) geschätzte 443 Milliarden Euro an gewerblichen Hypothekarkrediten fällig.

Die Verhältnisse in den USA und in Europa sind also in etwa ähnlich. Im Gegensatz zu den USA sind die europäischen Kapitalmärkte jedoch weniger entwickelt, und Banken stellen einen höheren Anteil der Finanzierung für Gewerbeimmobilien bereit. Daher erwarten wir in Europa eine längere Phase der Preisfindung und anschliessend eine langsamere Erholung.

Derzeit scheinen sich die Immobilienpreise zu stabilisieren. Die Green Street-Immobilienpreisindikatoren für die USA und Europa waren im ersten Quartal des Jahres stabil, womit die Transaktionsvolumina in naher Zukunft wieder zunehmen und sich die Immobilienmärkte beruhigen sollten.

Selektion als Schlüssel zum Erfolg

Die ständigen negativen Schlagzeilen im Zusammenhang mit dem Bürosektor und das grosse Volumen an Hypothekenfälligkeiten haben ein sehr düsteres Bild des globalen Immobilienmarktes gezeichnet und einen weit verbreiteten Pessimismus bezüglich des Gewerbeimmobilienmarktes verursacht. Hierin liegt jedoch eine hervorragende Investitionsmöglichkeit für Investoren. Für den Grossteil des Marktes widerspiegelt die jüngste Preiskorrektur nicht eine Verschlechterung der Immobiliengrundlagen, sondern ist vielmehr auf die Anpassung an die höheren Finanzierungskosten zurückzuführen. Aus diesem Grund ist die Selektion auf der Immobilienebene entscheidend, denn es gibt grosse Unterschiede in der Qualität der einzelnen Vermögenswerte auch innerhalb eines spezifischen Sektors.

Aufgrund der Finanzierungslücke, welche voraussichtlich bestehen bleibt, bieten sich herausragende Chancen für Immobilieninvestoren und Kreditgeber. Der Markt veränderte sich von einem vorrangig auf Kapitalgewinne ausgerichteten Ansatz hin zu einem, der vermehrt auf ein nachhaltiges Einkommen fokussiert ist. Dieser Transformation folgen auch defensive Investoren und passen ihre Strategie an, indem sie vermehrt als Kapitalgeber auftreten und sich auf die hohe Sicherheit und die stabilen Erträge konzentrieren.

Es macht Sinn, sich an der Spitze der Kapitalstruktur zu positionieren und von diesen Marktveränderungen zu profitieren. Denn mit den gestiegenen Zinsen hat sich die Verteilung des Einkommens einer Immobilie deutlich verändert. Es ist im heutigen Umfeld nicht der Immobilieninvestor, der den Löwenanteil des Einkommens erhält, sondern der Kapitalgeber und dies sogar mit einer erstrangigen Besicherung. Dies macht erstrangige Hypotheken zu einem sehr interessanten Investment-Case. Insbesondere, wenn man bedenkt, dass die Renditen bei defensiver Belehnung ein minimales Immobilienpreisrisiko ausweisen, weil sie durch das Eigenkapital des Immobilieninvestors geschützt sind.

Fazit:

Der Gewerbeimmobilienmarkt befindet sich in einer Phase der Anpassung, bietet aber auch selektive Investitionschancen für langfristig orientierte Anleger mit Fokus auf Qualität, stabile Erträge und defensive Strategien.

Zusätzliche Punkte:

  • Die europäische Erholung wird aufgrund weniger entwickelter Kapitalmärkte und einer höheren Kreditbeteiligung von Banken voraussichtlich langsamer verlaufen.
  • Die Finanzierungslücke eröffnet Chancen für alternative Kreditgeber.
  • Sorgfältige Selektion auf Immobilienebene ist aufgrund der unterschiedlichen Qualität der Vermögenswerte entscheidend.


Quellen: MSCI Real Assets, Green Street, Mortgage Bankers Association

Günther Hotz, Ahead Wealth Solutions AG, Head Asset Management
Markus Lienert, Valvest Advisors AG, Managing Partner