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Neue Regelungen für Fondsnamen mit ESG- und Nachhaltigkeitsbezug

Neue Regelungen für Fondsnamen mit ESG- und Nachhaltigkeitsbezug

In den letzten Jahren hat es eine starke Zunahme von Fonds mit ESG- oder Nachhaltigkeitsbezug im Namen gegeben. Bei der Umsetzung der ESG- oder Nachhaltigkeitsansätze unterscheiden sich diese Fonds jedoch teilweise stark und nicht überall, wo zum Beispiel «ESG» im Namen steht, ist auch gleich viel ESG drin.

Um mehr Klarheit und Transparenz für Anleger zu schaffen und potenziell irreführende Nachhaltigkeitsangaben zu vermeiden, hat die ESMA mit den im August veröffentlichten «Leitlinien zu Fondsnamen, die ESG- oder nachhaltigkeitsbezogene Begriffe verwenden» erstmals europaweite Vorgaben gemacht, unter welchen Bedingungen ein ESG- oder Nachhaltigkeitsbezug im Namen enthalten sein darf.

Eine Übersicht über die relevanten Schlüsselbegriffe ist in der entsprechenden ESMA-Leitlinie zu finden. Beispielsweise umfassen «umweltbezogene» Begriffe alle Wörter, die dem Anleger den Eindruck geben, der Fonds würde die Umwelt fördern. Dazu zählen zum Beispiel «grün», «ökologisch», «Klima» oder auch «ESG». «Nachhaltigkeitsbezogene» Begriffe beziehen sich auf alle Wörter, welche sich aus dem Grundwort «nachhaltig» ableiten lassen.

Die Vorgaben gelten sowohl für OGAW als auch AIF, und zwar unabhängig davon, ob es sich um Fonds nach Art. 6, Art. 8 oder Art. 9 der SFDR-Verordnung handelt. Diese ESMA-Leitlinien sind für neue Fonds seit dem 21.11.2024 anzuwenden, für bestehende gilt eine Übergangsfrist bis zum 21.05.2025.

Gemäss den Leitlinien müssen Fonds, die Begriffe bezogen auf Transformation, Soziales, Governance, Umwelt, Auswirkung oder Nachhaltigkeit verwenden, zu mindestens 80 Prozent Anlagen tätigen, die zur Erfüllung ökologischer oder sozialer Merkmale oder zur Erreichung nachhaltiger Anlageziele beitragen und die im Einklang mit den Ausführungen in den ESG-Anhängen der konstituierenden Dokumente stehen. Ausserdem dürfen diese Fonds nicht in Unternehmen investieren, die in Zusammenhang mit umstrittenen Waffen stehen oder am Anbau und / oder der Produktion von Tabak beteiligt sind. Gleiches gilt für Unternehmen, die gegen die Grundsätze der Initiative «Global Compact» der Vereinten Nationen (UNGC) oder die Leitsätze der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) für multinationale Unternehmen verstossen.

Für Fonds, die umwelt-, auswirkungs- oder nachhaltigkeitsbezogene Begriffe verwenden, gelten zusätzliche Ausschlusskriterien. So dürfen diese nicht in Unternehmen investieren, welche folgende Kriterien erfüllen:

  • 1 % oder mehr ihrer Einnahmen mit der Exploration, dem Abbau, der Förderung, dem Vertrieb oder der Veredelung von Stein- und Braunkohle erzielen;
  • 10 % oder mehr ihrer Einnahmen mit der Exploration, der Förderung, dem Vertrieb oder der Veredelung von Erdöl erzielen;
  • 50 % oder mehr ihrer Einnahmen mit der Exploration, der Förderung, der Herstellung oder dem Vertrieb von gasförmigen Brennstoffen erzielen;
  • 50 % oder mehr ihrer Einnahmen mit der Stromerzeugung mit einer THG-Emissionsintensität von mehr als 100 g CO2 e / kWh erzielen.

Fonds, welche Begriffe mit Nachhaltigkeitsbezug verwenden, müssen zusätzlich zu diesen Ausschlusskriterien «bedeutsam» in nachhaltige Anlagen im Sinne von Artikel 2 Absatz 17 der SFDR investieren. Während in den ESMA-Leitlinien «bedeutsam» nicht weiter spezifiziert ist, wird in den Q&A zu den Leitlinien darauf verwiesen, dass ein Anteil von weniger als 50 Prozent nicht als solches bezeichnet werden kann.

Verwaltungsgesellschaften und AIFM müssen nun prüfen, welche Anforderungen sich aus diesen ESMA-Leitlinien für ihre Fonds ergeben, welche ESG- oder nachhaltigkeitsbezogene Begriffe im Fondsnamen verwendet werden und inwiefern sich diese auf die Anlagepolitik und Portfoliokonstruktion auswirken.

Während der 80-Prozent-Schwellenwert zur Erfüllung ökologischer oder sozialer Merkmale oder nachhaltiger Anlageziele in vielen Fällen bereits Anwendung finden dürfte, werden die neuen Anforderungen zu Energie- und Rohstoffsektoren vermutlich grössere Auswirkungen haben. Dies vor dem Hintergrund, dass bei vielen Fonds ein sogenannter Best-in-Class-ESG- / Nachhaltigkeitsansatz angewandt wird und dadurch über fast alle Wirtschaftssektoren investiert wird. Die neuen zusätzlichen Kriterien schränken diese Möglichkeit stark ein und führen möglicherweise zu signifikanten aktiven Wetten gegenüber einem breit diversifizierten (traditionellen) Portfolio.

Wie Verwaltungsgesellschaften und AIFM diese Leitlinien umsetzen, wird sich in den kommenden Monaten zeigen. Es zeichnet sich aber ab, dass bei einigen Fonds der ESG- oder Nachhaltigkeitsbezug im Namen entfernt wird, um die Ausschlusskriterien bezüglich der Energie- und Rohstoffsektoren nicht anwenden zu müssen. Diese werden oftmals als zu restriktiv und nachteilig für die bestehenden Fondsanleger angesehen.

Für Anleger schaffen die ESMA-Leitlinien zu den Fondsnamen Klarheit und Transparenz, indem Fonds mit einem ESG- oder Nachhaltigkeitsbezug im Fondsnamen verbindliche Mindestanforderungen erfüllen müssen. Andererseits wird es wohl auch zahlreiche Fonds geben, welche aufgrund dieser Leitlinien ihre Fondsnamen anpassen werden, ihren bisherigen ESG- oder Nachhaltigkeitsansatz jedoch fortführen. Anleger sind daher gut beraten, vor einem Investitionsentscheid die relevanten Fondsunterlagen genau zu studieren und sich nicht nur an den Fondsnamen zu orientieren. Denn selbst wenn in einem Fondsnamen «ESG» nicht enthalten ist, kann der Fonds mehr «ESG» enthalten als es auf den ersten Blick scheint.

Patric Gysin
Leiter Fund Risk Management & Reporting
Mitglied der Geschäftsleitung
LLB Fund Services AG